Die Maßnahme im Überblick
Seit fünf Jahren führt der Geschäftsführer Philipp Graßl in dem Unternehmen Orientierungsgespräche mit den MitarbeiterInnen durch. Das ist keine Innovation, aber für KMU auch keine Selbstverständlichkeit. In der Unternehmenskultur war dies bislang nicht verankert, da der Führungsstil des Senior Chefs einfach noch mehr „Old school“ war. Die Erwartungen der MitarbeiterInnen an die Führungskräfte haben sich in den letzten Jahren und vor allem bei den jüngeren Generationen geändert. Familie und Freunde genießen bei diesen einen sehr hohen Stellenwert.
Wie wird die Maßnahme konkret umgesetzt?
Zunächst erschien es so, als wirkten die Gespräche auf die MitarbeiterInnen befremdlich, vielleicht war darin ein bisschen Misstrauen gegenüber der Idee des Geschäftsführers oder es war einfach nur ein ungewohntes Ritual. Mittlerweile sieht Philipp Graßl, dass sich die MitarbeiterInnen auf die Gespräche vorbereiten und auch Ergebnisse aus den Zielvereinbarungen mitbringen. Es sei angemerkt, dass die Gespräche nicht für alle MitarbeiterInnen geleistet werden können, deshalb wurden diejenigen rausgesucht, die wichtige Schlüsselpositionen belegen, oder innoffizielle Führungskräfte oder junge MitarbeiterInnen mit Potential sind. Zuerst versuchte der Geschäftsführer, alle Gespräche im Januar zu führen. Da das aber doch auch anstrengend ist, verteilt er jetzt die Gespräche im ersten Quartal und die Zwischenchecks dann jeweils ein halbes Jahr später. Die Gespräche werden ein paar Wochen vorher mit der Ausgabe eines Vorbereitungsbogens angekündigt, damit sich die MitarbeiterInnen vorbereiten können.
Ziele und Maßnahmen sind nur ein Aspekt des Gesprächs. Mindestens 50% der Zeit wird darüber geredet, wie zufrieden die MitarbeiterInnen sind also, was ihnen die Arbeit erschwert, wie viel Spielraum sie für selbstständiges Arbeiten und eigene Entscheidungen haben und welche Wünsche oder Änderungsideen bestehen. Dann wird über die Kommunikation und die Zusammenarbeit mit Kollegen, Abteilungen und dem Vorgesetzten gesprochen. Hinsichtlich der Entwicklung wird darüber geredet, wie sich die MitarbeiterInnen gefordert fühlen, ob sie in angemessenem Maße gefördert werden und wie sie ihr Wissen weiter geben. Dann werden Ziele vereinbart und darauf abgestimmte Aktivitäten und Maßnahmen abgeleitet.
Aus diesen Themen ergeben sich automatisch Verflechtungen zu privaten Herausforderungen wie Kinderbetreuung, Pflege und auch das persönliche Wachstum der MitarbeiterInnen. Durch das offene Gespräch werden diese Fälle thematisiert und die im Rahmen des Unternehmens möglichen Maßnahmen besprochen. Das können organisatorische Maßnahmen sein, z.B. Aufgabenumverteilung, Vertretungsregelungen oder Kinderbetreuungstage. Im Moment wird in der Spedition Graßl die Möglichkeit einer Kooperation mit benachbarten Firmen geprüft, um flexible Kitaplätze zu buchen. Oder auch personelle Maßnahmen wie flexible Arbeitszeiten, wenn z.B. ein Beschäftigter mittags für einige Stunden zur Pflege eine Angehörigen nach Hause muss.
Was die Maßnahme bringt – Tipps aus der Praxis
Es hängt sehr von der Unternehmerpersönlichkeit ab, ob man selbst Orientierungsgespräche führen möchte oder nicht. „Wenn ein Unternehmer sich selbst nicht darum kümmern mag, könnte man eine Vertrauensperson der MitarbeiterInnen auswählen, die bereit wäre, Orientierungsgespräche zu führen. Allein schon die Möglichkeit, sich auszusprechen ist für viele MitarbeiterInnen ein wichtiger Motivationsfaktor, dem Unternehmen verbunden zu bleiben.“, so der Geschäftsführer Philipp Graßl.