Künftig müssen laut Europäischem Gerichtshof alle Unternehmen die Arbeitszeit ihrer Angestellten systematisch und lückenlos erfassen. Bislang waren Arbeitgeber lediglich verpflichtet, Überstunden zu dokumentieren. Das soll sich mit dieser neuen Rechtsprechung nun ändern. Doch was bedeutet das für Arbeitgeber, die bisher auf Vertrauensarbeitszeit gesetzt haben? Was bedeutet das für die Flexibilität, die viele Arbeitnehmer im Rahmen einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie schätzen gelernt haben?
Was sind Herausforderung bei Arbeitszeiterfassung?
Viele Unternehmen sind aufgrund der generellen Unsicherheit und bezüglich der konkreten Auswirkungen des EUGH-Urteils zur Arbeitszeiterfassung besorgt darüber, dass die sicherlich gut gemeinte Stärkung des Arbeitsnehmerschutzes gleichzeitig die mühsam erarbeitete Vertrauenskultur und zeitliche Flexibilität in Unternehmen beeinträchtigen könnte. Eine genaue Dokumentation von Arbeitszeiten führt in der Theorie dazu, dass man eine klare Unterscheidung von Arbeits- und Privatzeit vornehmen muss – und das ist in der heutigen Praxis vieler Unternehmen und auch Mitarbeiter sicher eine Herausforderung. Gerade für viele Mütter und Väter, die gerne mal früher nach Hause gehen, um Zeit mit den Kindern zu haben und dann am Abend noch etwas Berufliches erledigen, ist das häufig eher hinderlich. Die Krux wird es sein, hier genug gesetzliche Flexibilität beizubehalten, um bereits gut etablierte Vertrauensarbeitskulturen nicht zu beeinträchtigen.
Was können Sie als Unternehmen bzw. Betriebe beispielsweise unternehmen?
Da das Urteil zunächst an die EU-Staaten und nicht direkt an den Arbeitgeber gerichtet ist sollte man nun nicht in Aktionismus verfallen oder mögliche Veränderungen in diesem Bereich grundsätzlich ablehnen. Denn die Richter haben den EU-Mitgliedsstaaten große Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt.
Neben der weiteren Beobachtung der Gesetzeslage ist es für Arbeitgeber sicher empfehlenswert, ganz konkret verschiedene technische Systeme für die Personaleinsatzplanung und die Arbeitszeiterfassung auf ihre Brauchbarkeit zu prüfen. Denn viele Systeme sind in der Praxis wenig zufriedenstellend. Meist bedingen solche Systeme einen hierarchisch strukturierten Freigabeprozess von Urlaubs- und Arbeitszeitprozessen, der weit von der Realität moderner Unternehmen oder kleiner Betriebe entfernt ist.